Periode 3 von 1960 bis 1969

 

 


Wie ein böses Auge schaut uns in der unteren Mitte des Bildes ein Kreis mit roten, schwarzen, blauen Ringen an. Feine Punkte, Striche, Drähte verbinden ihn mit anderen Drähten, sichelförmigen Häkchen und schwebenden Kreisen, die sich über das ganze Bild verteilen und sich gegen einen meist blaufarbigen Hintergrund abheben. Die unheimliche Vernetzung, die von diesem runden Gebilde ausgeht, birgt ungeahnte Konsequenzen. Während die Hintergrundfarben - gräuliches Blau, manchmal ins Lila übergehend, weißliches Blau, fahles Gelb - ineinander zerfließen, sind die roten, weißen, schwarzen Linien das einzig Intakte.
Das Zentrum des großen Kreises bildet ein blauer Kreis, dessen dunkle Mitte einen 

Atomic switchboard
Atomare Schalttafel

1960
copyright
 Öl auf Hartfaser, Großformat





Knopf enthält. Auf diesen Knopf richtet sich unsere ganze Aufmerksamkeit. Wer ihn drückt, bringt in einem einzigen Augenblick durch eine hochentwickelten Technologie die totale Zerstörung, in der alles zerfließt und aus den Fugen gerät, wie im Hintergrund des Bildes. In der Atomaren Schalttafel drückt Könekamp die furchtbare Bedrohung aus, die seit der Spaltung des Atoms über der Menschheit schwebt.
In diesem Gemälde sieht man zum erstenmal die Technik der „running colours“, die Jackson Pollock mit seinem „action painting“ entwickelt hatte. Könekamp ließ fließende Lackfarbe durch ein kleines Loch in der Doselaufen - vor allem bei den Drähten. Der Hintergrund ist dagegen mit dem Pinsel gemalt.


 Melting Icebergs
Schmelzende Eisberge

1961
copyright
Öl auf Hartfaser, Großformat



Könekamp erlebte die bizarren Formen von Eisbergen 1947 auf der Schifffahrt zurück nach England nach seinen Jahren der Internierung in Kanada. In diesem Gemälde, entstanden fünfzehn Jahre später, nehmen sie neue phantastische Gestalten an – wie lebendige Wesen, in g
eheimnisvollem Dialog miteinander. Zwischen ihnen hindurch schimmert das Meer in unwirklichem Mondlicht, ganz im Hintergrund erkennbar die schwarze bergige Küste (Kanadas?). Das ganze Bild ist aufgesplittert in unzählige Farbnuancen und zeigt die überaus reiche Farbpalette des Malers und die zunehmende Abstraktion von Könekamps Malerei in den sechziger Jahren.

Könekamp:
„Auf einer Seereise nach Kanada (1932) beeindruckte mich die bildhauerische Tätigkeit der Natur, die aus den vorbeiziehenden Eisbergen ständig neue Figuren schmolz. Fast dreißig Jahre später nahm diese Erinnerung in diesem Bild wieder Gestalt an.“

 In the beginning
Im Anfang

1961
Copyright
Öl und Tusche auf Hartfaserplatte,
Mittelformat
 



Entstanden ist dieses Bild während einer Zeit, in der sich Könekamp intensiv mit den Werken Teilhard de Chardins beschäftigte. Er experimentierte auch – durch die Tachisten angeregt – mit flüssigen Lackfarben. Auf die flach am Boden liegende Holz- oder Hartfaserplatte ließ er die dünne Lackfarbe in bestimmten Bewegungen auf die Malfläche fließen, die er dann bewusst in verschiedenen Richtungen bewegte, um den Farbenfluß zu steuern, bis sich eine für ihn befriedigende Komposition ergab. Die zufälligen Effekte der ineinanderfließenden Farben, oft in feinsten Rinnsalen, die er mit einem Pinsel nie so hätte malen können, inspirierten ihn, in dieser Technik das heftige Aufeinandertreffen der Elemente und Urkräfte der Schöpfung darzustellen. Auffallend ist die auf die Erdfarben Weiß und Schwarz reduzierte Farbigkeit des Bildes.

Könekamp:
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Wer im Buche Genesis diese dramatische Geschichte liest, den muß es irgendwie innerlich drängen zu versuchen, es schöpferisch darzustellen.
In Wort und Schrift mag dieses einfacher zu erreichen sein als mit
Farbe und Pinsel. Erst die Entwicklung einer neuen Maltechnik ließ mich dieses Thema bewältigen.
Im Anfang muß der Kampf zwischen den Wolken am Himmel, dem Land und dem Meer gewaltig gewesen sein.



Einmal im Jahr wurden die Ginstersträucher und das Heidekraut auf der Berghalde nahe Könekamps Haus angezündet, damit das Verblühte und Verdorrte zerstört wurde, um neuen Pflanzen Raum zu schaffen. Diese Feuer waren ganz dramatisch und ließen abgebrannte Ginsterstrauchstümpfe, verkohlt zurück.
In Könekamps Bild ist dieser Vorgang auf hoch dramatische Weise geschildert. Die Flammen in Rot, Gelb, Blau, Orange mit Pinselstrichen gemalt, umgeben die verbrannten Stöcke, die sich gegen das Feuer in oft monströsen Formen abheben. Schwarz wie sie sind, wirken ihre verkohlten Äste und Zweige wie Hörner, Arme, Finger. Einige scheinen Augen zu haben. Sie stehen auf dem unteren Bildrand und bewegen sich wie in einem Tanz zum oberen Bildrand hin. Man hört förmlich das Knistern und Prasseln der Flammen. Das schwarz verkohlte Holz ist mit weißer Asche gesprenkelt. Schwarz und Weiß heben sich ab gegen die Farbenvielfalt des Feuers. Ganz scheu, unten im Bild, erheben sich neue, kleine Pflanzen und warten auf ihre Chance zu wachsen und zu blühen.
In einer wunderbaren, dichten Komposition hat Könekamp dieses Geschehen geschildert. Die Naturbeobachtung der verbrannten Hölzer und züngelnden Flammen ist hier zunehmend abstrahiert. Die ungemeine Lebendigkeit der

 

Fire on a mountain
Feuer auf dem Berg

1962
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verbrannten Hölzer lassen sie als unheimliche Geister erscheinen. Sie heben sich ab gegen den Hintergrund und sind dennoch mit ihm verschmolzen. In dem breiten Bildformat strebt alles nach oben, aufgefangen in dem Fluß der Farben. In den verkohlten Hölzern hat Könekamp die Farbflusstechnik der aktionistischen Malerei benutzt, so dass Schwarz und Weiß in feinsten Kringeln und Blüten ineinander fließen, wie es auch mit dem feinsten Pinsel kaum zu malen ist.  


1962 reiste Könekamp mit seiner Frau Rosamond Jevons nach Spanien. Sie besuchten Barcelona und die große unvollendete Kirche La Sagrada Familia, 1903-1926 erbaut von dem eigenwilligen Architekten Antoni Gaudi. Mit seinen phantastisch-bizarren Formen und Farben war dieser Bau für den Maler die auslösende Inspiration für dieses Gemälde.
In dem hochformatigen Bild streben bewegte Säulenformen vom unteren bis zum oberen Bildrand. Gegen einen meist schwarzen Hintergrund ist die innere Struktur mit hellblauen, gelben, weißen, roten, orangefarbenen feinen Strichen und Schattierungen aufgemalt. Immer wieder Akzente in hellem Türkisblau wie man es auch auf den bizarren Formen bei Gaudi’s Kathedrale findet. Viel Schwarz ist in diesem Bild, aber auch viel Farbe, vor allem Hellblau, Gelb, Dunkelrot. Auffallend sind die kreisenden, wie Augen oder Astlöcher wirkenden Formen, die in den Säulen auftauchen. Sie erinnern nicht nur an die exzentrische Architektur von Gaudi, sondern auch an Bäume, oder sogar noch mehr

 

Barcelona (Gaudi)



1962
Copyright
 Öl auf swedish hardboard

 

an die von Flechten gezeichneten Felsen in Könekamps waliser Umgebung.
Ein Blick zurück auf das zwölf Jahre früher entstandene Bild „Felsorgel“, in dem Könekamp Felsformationen in den Bergen und an der Küste von Pembrokeshire beobachtet hatte, zeigt eine erstaunliche Similarität der Komposition. Genau wie für Könekamp die „Felsorgel“ – wie der Name betont – vieldeutig war, so enthält auch „Barcelona“ eine Vielschichtigkeit von Bedeutungen. Die emporstrebenden Säulen erinnern auch an die geheimnisvollen Mehire in Wales, Zeugen einer anderen Kultur aus der Jungsteinzeit. Diese Säulen hier sind gleichsam unheimlich, lebendig und mysteriös. Sie scheinen Augen, Hörner zu haben, verbinden das vom Menschen Geschaffene mit dem Urwüchsigen der Natur.
Wir sehen in diesem Bild wieder eine Vermischung von Ölmalerei mit dem Pinsel und die mit Fließtechnik aufgetragenen feinen Farbfäden des Tachismus (Jackson Pollock).

 

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