Periode 3 von 1960 bis 1969

In einem scheinbar gegenstandslosen Bild sind es die konkreten Felsen von Könekamps Waliser Umgebung mit ihrer fein gezeichneten Vielfalt an Flechten, Moos, kleinen Pflanzen, die für Könekamp die Idee der geistig belebten Materie ausdrücken. Die kleineren, runden Formen zwischen den Steinblöcken erinnern an die geheimnisvolle Welt des Mikrokosmos der Moleküle oder an die Welt der Gestirne.
In diesen Jahren entstanden die Bilder „In the beginning“ (Im Anfang) und auch „Die Geburt“. Zusammen mit „Evolution I“ sprechen alle drei Bilder auf unterschiedliche Weise dasselbe Thema an: Das ungeheure Mysterium alles Erschaffenen.

 

Evolution I

1962
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 Öl, Mittelformat

 

Könekamp schrieb hierzu:
„Beeinflusst sind die vier Bilder I – IV von Teilhard de Chardin, ganz besonders durch sein großes Werk „The Phenomenon of Man“. Es handelt von Gott und dem Universum, das Teilhard in der Form der Evolution präsentiert, also im schrittweisen Geschehen. Er sagt selbst einmal, dass er sich mit der Idee beschäftigte, eine Hymne über die „geistige Macht der Materie“ zu schreiben. Diese Macht war mir immer bewusst, ich weiß, wie wahr es ist, was Teilhard de Chardin sagt. Felsblöcke wie hier an der Irischen See, von einem göttlichen Bildhauer gemeißelt, stark, aufrecht und schön in Form und Struktur, lassen seine Nähe ahnen.“
 


Eine ovale Form, wie ein Ei – der Inbegriff allen werdenden Lebens – sowie die Farbe Rot beherrschen die Komposition. Innerhalb der Ovale, noch in sich zuammengerollt, ist das neue Leben, das bereits die äußere Hülle durchbrechen will. Es erinnert an die Gestalt eines Kindes im Mutterleib oder an die eines Tieres, eines Vogels. Alle Geburt ist hier abstrahiert enthalten – das Geheimnis der Schöpfung selbst ist gemeint. Es ist umgeben von kindlich dargestellten Blumen und Blüten – Frühlingsbäume, ebenfalls Zeichen von Geburt neuen Lebens im Jahreslauf. Dieses ist eine in sich ruhende, harmonische Komposition, für die Könekamp mit dem Grand Prix de New York 1969 mit der Goldmedaille ausgezeichnet wurde.

 

Birth, Geburt

1962
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Mittelformat, Öl und Lackfarben

 

Könekamp:
„Sicherlich ein Thema für den schöpferischen Geist. Hier öffnet sich eine Tür im universalen Gebäude der Schöpfung, ein Geschehen, das „von Urbeginn“ her reicht. Hier zeigt sich auch, wie sehr Abstraktion behilflich sein kann, universales Gedankengut in Reinheit und Würde dar- darzustellen. Dort im Mutterleibe, dort wo geboren wird von Urbeginn her liegt die Kernzelle der Schöpfung des Menschen, so selbstverständlich, so edel, dass man sie mit Blumen umgeben muß.“
 

 

Ungewöhnlich in Könekamps Arbeit sind die sich kreuzenden geraden Linien, die das ganze Bild durchziehen. Das Kreuz, dunkelrot und braun, mit erhobenen Armen wie ein Gekreuzigter, ragt schräg empor – ein dunkler, unregelmäßiger Kreis um den oberen Teil erinnert an einen Heiligenschein. Die sich durchkreuzenden düsteren Linien des Bildes erinnern an Dornen, an die Qualen des Todes, doch auch an die Bleiverstrebungen eines Glasgemäldes. Leuchtend bricht hier und hinter dem Kreuz ockergoldenes Licht hervor – Hoffnungsschimmer der Auferstehung.


The chosen cross
Das erwählte Holz

1963
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Großformat, Öl auf Hartfaser  

  

 
Könekamp schrieb später zu diesem Bild:

„Das Bild entstieg einem Traum. Es (das Kreuz) stand auf einer baumlosen runden Stelle im Tannenwald. Es lag etwas Hoffnungsvolles, Erhebendes in dieser Vision. Das Kreuz war anders geformt als die anderen. Es hatte geistigen Ausdruck. Es war nichts Strammes, Geschliffenes an ihm. Kein Befehl, nur eine rührende Mahnung.“






In großen, geschwungenen Linien, die teils elliptische Formen bilden, teils in großen Rhythmen frei durch die halbe Bildfläche gezogen sind, entsteht ein leidenschaftlicher Tanz der Farben. Nur in wenigen Bildern Könekamps spielt die Linie selbst eine so ausgesprochene Rolle wie in diesem Bild. Die Linien heben sich ab gegen die Farbflächen in Hellweiß, Gelb, Dunkelschwarz oder kühlem Blau gegen
das feurige Rot, 


Rhythmus der Provence



1964
copyright
 Großformat, Öl
 

 

 
welches das Bild dominiert.
Die Formen überschneiden sich oft unabhängig voneinander und folgen ihrem eigenen Rhythmus.
Die Ekstase dieses Bildes spiegelt auch Könekamps eigene Lebensfreude wider, die sich in der südfranzösischen Umgebung neu entfachte.
In diesem Bild trifft sich die Freiheit des „action painting“ mit den feinen, bewegten Linien, die nur durch den Pinselstrich entstehen konnten.

Könekamp:
„Viele Wochen weilte ich an der Cote d’Azur, in Nizza und seiner nahen und weiteren Umgebung. Ich nahm Anteil an dem Leben dieser frohen Menschen dort. Ich lernte ihren Geschmack, ihren Glauben, ihre freudige Hingabe für Kunst und Musik, ihre Menschenkenntnis, ihre Lust am Fabulieren und nicht zuletzt ihren Sinn für Küche und Keller schätzen und bewundern. Das Bild gibt den Rhythmus dieser Menschen und der Landschaft wieder.“

 

 

 

 

Kreise wie Zahnräder sind eingefangen in einem Spinnennetz, dem sie nicht entrinnen können. Das ganze Bild ist leuchtend farbig wie ein Glasfenster, doch auch bedrohlich. Eine Kette schließt das Bild nach oben ab, an den Seiten sind es Ellipsensegmente, die das Spinngewebe überschneiden. Alles ist untrennbar miteinander verbunden.


Spiderweb of automation
Spinnengewebe der Automation



1964
copyright
Großformat, Öl und Lackfarbe
auf Hartfaser

 

 

 



Könekamp schrieb hierzu:

„Dort, direkt über meinem Ruhebett im Atelier, hatte eine Spinne ihr Haus gebaut. Ich sah es wachsen. Ich bewunderte solchen Fleiß und solches geometrisches Verständnis. Für die Spinne bedeutet das Netz Nahrung und Geborgenheit. Für das Opfer Verstrickung. Hat sich der heute Mensch nicht von der Automation Erquickung und Muße erhofft? Ist er nicht in die Verstrickung geraten?
Hier ist der Ausdruck des Menschen, der in die Automation verstrickt ist. Dort ist der Mensch belastet mit all den Symptomen, die eine stets zunehmende Entwürdigung über ihn verhängt. Er ist im ,Spinnengewebe der Automation’ so aufgezehrt worden, dass seine Nerven, sein Denken sowie seine Muskeln dem Gesamtprozeß unterliegen und er alles gehorsam mitmacht, wenn nur die Bezahlung stimmt.“

 

Im Dezember 1967 führte der südafrikanische Mediziner Christiaan Barnard die erste Herztransplantation am Menschen durch. Könekamp, immer interessiert an wissenschaftlichen Evolutionen, malte bald darauf dieses Bild. Gegen einen dunklen Hintergrund wird das Bild ausgefüllt von stark bewegten, großen Gebilden. Die Form des menschlichen Herzens ist so weit abstrahiert, dass es an eine aufgeschnittene phantastische Frucht erinnert. In diesem Bild dominieren eher kühle Farben, in der Mitte Blau und Grün. Die Formen gehen ineinander über links von der blau-grünen Form, in der Rot dominiert. Nur links oben schwebt eine Form, die vielleicht an das kranke Herz erinnert, das entfernt wurde. Innerhalb der zentralen Form sind starke schwarze Konturen, bewegte Striche, welche die Farbflächen voneinander trennen. Wie kleine Kerne oder Zähne reihen sich mehrere helle Punkte an schwarze Linien.
Das Bild vermittelt den Eindruck eines mächtigen Kampfes. Vielleicht stellt es die ungeheuren, existenziellen Konflikte dar, die jedes menschliche Herz zerreissen können. Das Bild hat etwas Gewaltsames. Die schwarzen Linien sind dick und grob. Hier findet sich eine Mischung der Pinseltechnik früherer Bilder gepaart mit der zufälligen Tropftechnik der Tachisten. Könekamp ist nicht bei der Technik der Tachisten geblieben, sondern greift immer wieder zum Pinsel als starker Ausdrucksform.


Herztransplantation

1968
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91 cm x 111,5 cm, Öl auf Hartfaser,
Signatur rechts unten 

 

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